Der Pinzgau durchzieht mit der Salzach, dem größten Fluss Salzburgs, einen Großteil Salzburgs. Das lang gezogene Gebirgstal hat eine Besonderheit aufzuweisen, die ihresgleichen sucht: Auf der Südseite streben die Eisberge des Nationalparks Hohe Tauern mit der gleißend weißen Schneepyramide des Großvenedigers empor. Auf der Nordseite des Tales findet man die eher gemäßigten grünen Berge der Kitzbüheler Grasberge; aber auch sie weisen schroffe steinerne Riesen auf wie zum Beispiel den Großen Rettenstein. Eine meiner Wanderungen führte vom Wildkogel hinab nach Bramberg, eine weitere an den Fuß des Großen Rettensteins.
Durch die Kitzbüheler Grasberge vom Wildkogel hinab nach Bramberg
Wildkogel-Arena nennt sich die Gegend um Neukirchen am Großvenediger und Bramberg. Der Wildkogel ist auch der maßgebliche Berg der Gemeinde.
Aussichtsreich war sie, die Wanderung durch die Kitzbüheler Grasberge, vor allem im ersten Drittel. Hier hat man einen Blick ins Rund, wie man in selten erlebt. Ist man zur entsprechenden Jahreszeit unterwegs, kann man sich auch an der Bergblumenblüte erfreuen – die aber zur Zeit meiner Wanderung leider schon fast vorbei war.
Wo es eine Bergbahn gibt sollte man sie auch nutzen, bringt sie einen doch recht schnell in die schöne Natur. So fuhren wir von Bramberg aus mit der Smaragdbahn hinauf. Dort beeindruckte zuerst einmal der Ausblick nach Norden; der markanteste Berg im Rund ist hier natürlich der Große Rettenstein. Er lockte, aber an diesem Tag lockte eine andere Tour noch viel mehr.
Nämlich, wenn wir hier schon in der Wildkogelregion sind, natürlich der Gipfel des Wildkogels selbst. Hierzu folgten wir dem nach rechts hinauf ziehenden Steig. Im Zickzack brachte er uns hinauf auf den Gipfel.
Die Rundumsicht ist hier natürlich umfassend, 360 Grad, was will man mehr. Neben Großem Rettenstein und den Kitzbüheler Grasbergen auf der Nordseite nach Süden zu den Hohen Tauern mit ihren derzeit noch schneebedeckten Gipfeln. Und unten, ganz klein, spielzeugeisenbahnhaft, der Pinzgau mit der Salzach, der breiten Flussaue und den klein wirkenden Gehöften.
Trocken bleiben
Es zog etwas, man drückte sich enger in den Anorak, band Hals- und gegebenenfalls Kopftuch um, und hinter den Hohen Tauern dräuten schwarze Wolken. Gewitter waren eigentlich angesagt, aber, wie wir am Abend feststellten: Dieser Wandertag blieb verschont.
Nachdem wir den Ausblick ausgiebig genossen hatten gingen wir weiter, auf der anderen Seite wieder hinab. Der Steig war zeitweise zwar etwas steil, verlief aber durch steindurchsetzte Grasflächen und war im Prinzip gut, auf jeden Fall aber gefahrlos zu begehen.
Schließlich kamen wir zu einer bildstockartigen Platte, die von oben zwar gewirkt hatte wie eines der Reklameschilder, die darauf hinweisen, dass es im nächsten Gasthof das beste Schnitzel der Welt gibt. Aber weit gefehlt, es waren ein Kruzifix und eine Marienfigur, beide geschnitzt, darauf abgebildet.
Hier hielten wir uns rechts und wanderten relativ eben durch den Wiesenhang. Der Pinzgau lag vor uns, Blickrichtung nach West. Links steilen sich die Hohen Tauern empor, wie gesagt, die Gipfel nicht nur in Wolken, sondern, soweit man das sehen kann, auch noch schneebedeckt. Zwischen steil ansteigenden Hängen ziehen dort die Täler ins Salzachtal: Habachtal, Ober- und Untersulzbachtal. Ein andermal sollen sie das Ziel sein…
Verschiedene Lacken boten Abwechslung. Gleich Augen Gottes spiegelten sie den Himmel wider und manchmal auch die Berge. Die Alpenrosenblüte war großenteils vorbei, zu sehen gab nur noch vereinzelte Blüten, dazu Arnika, Knabenkräuter und Weißzunge als Orchideen, aber auch die eine oder andere Wiesenpflanze, die man auch im Tal sehen kann.
Natürlich, der schlechtere Weg
Bei einer Feldscheune dösten Kühe, wiederkäuend. Sie ließen sich auch vom uns einsamen Wanderern nicht stören. Danach stießen wir auf einen festen Weg. Hier gab es zwei Möglichkeiten, von denen ich zielgerichtet natürlich die schlechtere gewählt habe …
Die bessere wäre gewesen, nach rechts etwas aufzusteigen zum Wildkogelhaus und von dort aus hinab zur Mittelstation der Smaragdbahn zu gehen. Das wollten wir aber nicht. Also bogen wir links ab, erstmal moderat bergab. Nach einer Linkskurve zwischen zwei Hütten wurde man auf einen Pfad verwiesen. Recht schön ging es nun durch die Wiesen bis vor den Waldrand, dort nach einer Heuschupfe links. Nach einem einfachen Holzkreuz erreichten wir die Gebäude der Walsbergalm. Sie liegt herrlich, mit einer Aussicht ins Tal, wie man sie sich wünschen würde wenn man dürfte.
Bis jetzt war ja alles noch ok. Bald aber wurden wir von dem geschotterten Wirtschaftsweg wieder auf einen Pfad verwiesen. Und dieser führte ausnehmend steil abwärts. Der breite Schotterweg wird zwar mehrfach gequert, ist aber auch keine angenehme Alternative, da hier Lastwagen fahren und stauben, außerdem ist er viel länger.
Was wir eigentlich suchten aber nicht fanden war ein Hinweis auf die Mittelstation, die sich ja rechts befinden müsste. Und so stiegen wir in der Falllinie ab, nach einiger Zeit machten sich dann auch die Knie bemerkbar. Sind halt nicht mehr die jüngsten … – und haben schon einige tausende Meter Abstieg hinter sich.
Schließlich trafen wir dann auf das nunmehr asphaltierte Sträßchen – über das wir aber sogar froh waren, denn dieser neue Belag wirkte fast wie eine Erholung.
Im Banne des Großvenedigers – und weiter zum Großen Rettenstein
Den Großen Venediger, namengebend für Neukirchen am Großvenediger, sahen wir fast auf unserer gesamten zweiten Wanderung durch die Kitzbüheler Grasberge. Wie manche Mitwanderer sagten, so gut wie sonst selten – sie wären schon zehn Mal hier gewesen und hätten ihn immer nur in Wolken gesehen.
Nun, das kann ich zwar nicht sagen, ich kenne ihn auch bei strahlendem Sonnenschein, aber es ist immer wieder ein Erlebnis, ihn zu erblicken. Mit dem gleißenden Schnee, und ob jetzt blauer Himmel oder Wolken ihn umgeben, großartig ist der Anblick immer.
Ansonsten führte diese Tour an den Fuß des Großen Rettensteins, einen massigen und aus scharfen Steinplatten aufgebauten Kalkklotz. Mit dem Wilden Kaiser im Hintergrund bot er ein grandioses Bild einer Berglandschaft. Dazu kamen die alten Almhütten und Heuschupfen, an denen wir vorbei wanderten, die Blumenpracht des Frühsommers in den Kitzbüheler Grasbergen und – auch interessant: Der Wechsel der Geologie unterwegs.
Rost und Wimpern
Wer sich dafür interessiert: Man beginnt im metamorphen Gestein, früher einfacher auch Urgestein genannt, und endet am Großen Rettenstein im Kalk. Gut zu erkennen ist dieser Wechsel an den Alpenrosenarten: Im Urgestein ist es die Rostrote Alpenrose, zu erkennen an der rostbraunen Farbe an den Unterseiten der vorjährigen Blätter, im Kalk die Wimpernalpenrose, die man an den feinen Härchen an den Blättern erkennt – das aber nur nebenbei.
Unterwegs mit Moni und Luzie durch die Kitzbüheler Grasberge
Die Auffahrt in die Kitzbüheler Grasberge fand ab Neukirchen mit der Wildkogelbahn statt. Ich durfte an einer Führung mit Moni vom Wanderhotel Gassner, teilnehmen. Sie erhielt moralische Verstärkung durch ihren munteren Hund Luzie. Und wie immer, wenn Tiere dabei sind, hebt das sofort die Laune. Luzie rannte vom einen zum anderen, wie das halt so Hundeart ist, ließ sich hier mal streicheln, dort bei der Pause ein Stück Käse oder Wurstbrot geben. Herrliches Hundeleben.
Oben an der Bergstation wurden natürlich zuerst einmal Großvenediger und Großer Rettenstein bewundert. Danach führte uns Moni zur Gastwirtschaft Wolkenstein. Bei ihrer kleinen Kapelle bogen wir rechts ab; nun wanderten wir durch eine wunderbare Almlandschaft mit Blick zum Großen Rettenstein und den Bergen im Norden – später markant der Wilde Kaiser im Blickfeld.
Ab und zu ging es rechts des Weges etwas steiler bergab, so dass man seine Schritte sorgfältig setzen musste, die Tour selbst verlief aber ohne größere Höhenunterschiede. Links sah man zum Frühmesser, den ich schon von einer anderen Tour kannte und der mich derzeit nicht weiter reizte. Wir querten den einen oder anderen Bach und erreichten schließlich die Herrensteigscharte. Hier durfte gerastet werden, hier gab es auch den ersten Blick zum Wilden Kaiser. Und hier lief auch Luzie zur Hochform auf.
Nun ging es nach rechts weiter, vorerst mit einem Anstieg. Zutrauliche Pferde, mit Luzie um die Wetter schmusend, boten Unterhaltung unterwegs. Allerdings mahnte Moni verantwortungsbewusst etwas zur Eile, denn ob die dunklen Wolken auf uns zukamen oder an uns vorbei zogen, das war nicht eindeutig zu erkennen.
Ab dem Steinfeldjoch am Fuß des Großen Rettensteins war das Wetter nun auch wieder so klar zu definieren, dass wir wussten, wir bleiben (vorerst) vom himmlischen Nass verschont.
Ab jetzt ging es nur noch bergab. Anfangs auf einem Steig und vorbei an einem von der Sonne wohl vergessenen Schneefeld zur Wimm Hochalm mit ihren alten Gebäuden, danach auf einem Wirtschaftsweg in vielen Windungen zur Baumgartenalm.
Hier musste natürlich eine Schlusseinkehr stattfinden, Hollersaft, Apfelstrudel und Kaspressknödel als Spezialitäten der Kitzbüheler Grasberge lockten.
Und tatsächlich, am Himmel grummelte es erst ein wenig, dann setzte ein immer stärker werdender Regen ein. Anfangs war es unter dem breiten Dachvorsprung ja noch recht gemütlich, dann zogen sich aber auch die letzten Hartgesottenen ins Haus zurück.
Weitere Informationen:
Tourismusbüros Neukirchen a. G./Bramberg am Wildkogel
Unterkunft:
Wanderhotel Gassner
Empfohlene Karte:
Kompass 38 Venedigergruppe Oberpinzgau
Literatur:
Wanderungen und Bergtouren Pinzgau-Nord, Dieter Buck, Plenk-Verlag, Berchtesgaden.
Wanderungen und Bergtouren Pinzgau-Süd. Dieter Buck, Plenk-Verlag, Berchtesgaden.
[Transparenz: Diese Recherche wurde unterstützt durch das Wanderhotel Gassner]