[Werbung] Nun fand sie also statt, meine zweite Wanderung in Zusammenarbeit mit bwegt, der neuen Mobilitätsmarke in Baden-Württemberg. Unter dem Signum bwegt gibt es ja bekanntlich die Murrbahn von Crailsheim nach Stuttgart und die Gäubahn von Stuttgart nach Konstanz am Bodensee. Für meine erste Tour mit bwegt habe ich die Murrbahn genommen, diesmal fuhr ich auf der Gäubahnstrecke Richtung Bodensee.
Die Vorzüge einer Fahrt mit der Murrbahn zu einer Wanderung konnte ich bereits vor kurzem testen, meine Artikel zu dieser umweltfreundlichen Anreise sind an verschiedenen Stellen zu finden, hier im bwegt-Magazin sowie auf meiner Homepage.
Meine zweite Fahrt in Zusammenarbeit mit bwegt führte mich ans andere Ende unseres schönen Landes, und zwar mit der Gäubahn an den Bodensee. Nicht ganz an deren Endpunkt in Konstanz, aber immerhin bis zur historischen Stadt Radolfzell.
Der Bodensee stand also auf dem Programm. Aber nicht nur der: Die Tour führte zum idyllischen Mindelsee, der einen ganz anderen Charakter als das Schwäbische Meer aufweist. A propos Schwäbisches Meer: Radolfzell, der Ausgangspunkt dieser Wanderung, war einst eine badische Stadt. Aber das soll keine Rolle spielen, die Tour ist, unabhängig von der Geschichte des Ausgangspunktes, ein herrliches, bleibendes Erlebnis.
Aber der Reihe nach.
Kurzer Strandbesuch am Bodensee
Nach einer gemütlichen Anfahrt, bei der man sich bereits auf die kommenden Wanderstunden einstellen konnte, lockte am Ausgangspunkt Radolfzell zuerst einmal der Bodensee – wenn man schon hier ist, sollte man ihn sich schon einmal ansehen; der Mindelsee läuft ja nicht davon.
Und so ist es praktisch, dass gleich hinter dem Bahnhof der Radolfzeller Strand liegt. Die Segelschiffe im Hafen lagen noch in morgendlicher Ruhe, die Stimmung „am See“, wie er unter Insidern verkürzt genannt wird, entsprach einer „blauen Stunde“, die man eigentlich erst später am Abend erwarten würde. Das habe ich auf mich wirken lassen, vor einer Wanderung an einem heißen Sommertag ist so eine Einstimmung sicher nicht das schlechteste.
Danach folgte ein Wegstück durch die Stadt. Allerdings konnte ich dieses durch eine Durchquerung des liebevoll angelegten Stadtgartens auflockern – ein Bummel durch die sehenswerte Altstadt oder gar einen Besuch des berühmten Münsters verlegte ich angesichts der kommenden Tour auf einen anderen Tag.
Die Stadtgärtner waren schon schwer am Arbeiten. Gießen in diesen heißen Tagen steht jeden Morgen auf dem Programm. Trotzdem blieb ihnen noch Zeit, den Wanderer auf die Hummeln aufmerksam zu machen, die in großer Zahl das Schleierkraut umschwirrten. Für solche Tipps ist man ja dankbar, ohne sie lässt man vielleicht manches Highlight unbeachtet links liegen. Danke also dafür.
Die „Fischerin vom Bodensee“, ein Revival
Nach dem Stadtgarten folgte eine weitere Sehenswürdigkeit, die allerdings vermutlich nicht von jedermann in ihrer vollen Bedeutung geschätzt wird: Auf dem Weg lag das Kino Universum. Eigentlich ist so ein Kino nichts Besonderes. Dieses jedoch wartete, zumindest von außen, mit dem unveränderten Charme der fünfziger oder sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf. Passend dazu wurde die legendäre „Fischerin vom Bodensee“ angekündigt. Ein Schmankerl also, das sicher nicht von jedermann gewürdigt wird, um das Nostalgiker und Cineasten aber bestimmt dankbar sind.
Danach folgte ein Wegstück durch den Randbezirk von Radolfzell: Ich wanderte eine Weile durch die Häuserlandschaft; nichts hässliches natürlich, das hätte man am Bodensee auch nicht erwartet, aber auch nicht die optimale Wanderlandschaft. Aber auch diese Strecke hatte ich bald hinter mir, und die Natur erwartete mich.
Toscanafeeling im Bodenseehinterland
Aber kaum hatte ich die Bebauung überwunden und die kleine Kapelle St. Anna am Waldhag am Ortsrand hinter mir, ließ ich mich vor lauter Begeisterung über die Natur ringsum zu einem Weg verlocken, der zwar in seinem Charakter stark an die Toscana erinnerte, der sich aber leider als Holzweg entpuppte. Schön war er aber doch. Keine Reue über den Fehltritt also.
Kurz danach schwenkte ich dann aber doch auf den richtigen Weg ein. Ein Stück durch einen prächtigen Wald folgte. Wie übrigens auch später: Die Waldstücke hier sind ausgesprochen schön und naturnah, an manchen Stellen findet man auch fast dschungelartig wirkende, von den Bäumen hängende Lianen – Tarzan lässt grüßen.
Etwas später erreichte ich das Mindelseeried. Nun erwartete mich eine typische Riedlandschaft mit hohen Schilfbeständen. Dies ist ein Landschaftselement, das man hier, vor den sanften Hügeln, wohl nicht unbedingt gesucht hätte. Aber Schilf ist immer schön und interessant, und später werde ich noch eine etwas wildere Steigerung dieser Bewuchsform erleben.
Es folgte ein Wegstück zwischen Wiesen. Hinter einer Linkskurve fand ich eine Infotafel zum Mindelsee. Die Erkenntnisse daraus sind nicht von schlechten Eltern, sie sollen deshalb nicht unter den Teppich gekehrt werden. Schließlich bewegte ich mich bei dieser Tour in einer biologisch höchst interessanten Landschaft.
Der Mindelsee – ein besonderes Gewässer
Der Mindelsee, ein einst neun Kilometer langer Schmelzwassersee, liegt in der Grundmoränenlandschaft des Bodanrücks, die während der letzten Eiszeit vom Rheingletscher modelliert wurde und seit etwa 14 000 Jahren eisfrei ist. Seit 1938 stehen der Mindelsee und seine Umgebung unter Naturschutz, es handelt sich um das zweitälteste Naturschutzgebiet des Landes, das in diesem Jahr 80-jähriges Jubiläum feiert. Das Moor ist bis zu zehn Meter mächtig. Der bis zu 13,5 Meter tiefe See ist 2,2 Kilometer lang und 500 Meter breit, seine Uferlänge beträgt 5,3 Kilometer.
Hier hat man schon fast 700 Blütenpflanzen, 120 Moos- und mehrere Hundert Algenarten gezählt, außerdem 594 Käfer-, 433 Schmetterlings- und 40 Libellenarten. Mehr als 90 Vogelarten, darunter so seltene wie Drosselrohrsänger, Flussseeschwalbe, Neuntöter und Schwarzkehlchen, brüten hier. Jedes Jahr wechseln über 20 000 Reiherenten im Herbst am See ihr Federkleid. Auch die Insektenwelt hat Besonderheiten aufzuweisen: Hier leben Sumpfschrecke, Sumpfgrille und die Tagfalter Blaukernauge und Goldener Scheckenfalter. An Libellenarten findet man Helm-Azurjungfer, Gebänderte Prachtlibelle und die Späte Adonislibelle. Im Wasser leben Plötze, Rotfeder, Barsch, Hecht, Aal und Brachsen, und bis in die 1930er-Jahre sogar über zwei Meter lange Welse – 1938 wurde ein 2,40 Meter langes Exemplar gefangen! Kostbarkeiten der Pflanzenwelt sind in den Feucht- und Riedwiesen Mehlprimel, Fettkraut, Breitblättriges Wollgras, Schwalbenwurz-Enzian und stark gefährdete Orchideen wie Glanzstendel und Sommer-Drehwurz. An Standorten auf trockenen Wiesen wachsen das Kleine Knabenkraut, Brand-Knabenkraut und Frühlings-Enzian. Seit 1976 ist das Naturschutzgebiet als „International bedeutsames Feuchtgebiet für Wat- und Wasservögel“ gemäß der Ramsar-Konvention anerkannt und es ist ein wichtiger Bestandteil des internationalen Netzwerks „Natura 2000“.
Einkehr im Rosen Stüble …
Es ging in der trotz der Vormittagsstunde bereits glühenden Mittagssonne noch etwas weiter hinauf, dann erreichte ich den Dürrenhof. Er wurde von Pferden bewacht, die mit der Gestaltung ihrer Decken eher Zebras imitierten. Vor allem aber wies er eine Einrichtung auf, die man bei diesem Wetter dankbar begrüßte: das Rosen Stüble. Das ist ein Raum, in dem man sich mittels Selbstbedienung kühle Getränke aus dem Automat herauslassen kann. Verschiedene Kuchen, auch eine Art Käspätzle für diejenigen, die es etwas deftiger mögen, erhält man von der Haustochter frisch gewärmt. Gesessen und mich ausgeruht habe ich – nach Biergartenart unter einem schattigen Kastanienbaum – im Freien. Ich hätte gut hier bleiben und den Tag an mir vorüberziehen lassen können. Das war aber nicht der Sinn dieses Ausflugs, die Pflicht, sprich der Weiterweg, rief …
… und eine Seefarbe wie ein Südsee-Atoll
Weiter ging es. Die Belohnung, dass ich mich aufgerafft hatte, folgte zugleich: Kurz nach dem Dürrenhof bot sich eine Aussicht auf den Mindelsee, wie man ihn sich nicht erträumt hätte. Nicht nur dass man von der Anhöhe schön auf den See herabsehen konnte und er sich auch in seiner ganzen Länge – mehr als ich in Erinnerung hatte – zeigte, er wies auch eine wunderbare türkise Farbe auf, die mehr an ein Südseeatoll oder mindestens einen Gebirgssee erinnerte als dass man sie in einem Waldsee im Ländle vermutet hätte.
Irgendwann musste ich mich aber doch von diesem Anblick losreißen und weiter wandern. Hinab zum Hirtenhof und danach durch eine Wiesenlandschaft, in der man vermutlich im Frühjahr und Frühsommer die oben erwähnten, in Trockenwiesen wachsenden Pflanzen wie Kleines Knabenkraut, Brand-Knabenkraut und Frühlings-Enzian findet. Jetzt war es aber Spätsommer, und außer ein paar Weideröschen blühte nichts mehr. Dafür plätscherte ein Bächlein, was zumindest mental für eine kleine Abkühlung sorgte.
Was folgte war die oben angekündigte Steigerung eines Weges durch Schilfwiesen. Herrlich, ein Landschaftserlebnis, das durchaus in den Dschungel passen würde: Von links und rechts hingen die Pflanzen über den Weg, fast hätte man eine Machete gebraucht, um sich durchzukämpfen. Man darf zwar den Abzweig nicht verpassen, aber sonst ist dies ein bleibendes Erlebnis.
Anschließend folgt ein Wegstück, das mit alleeartig begleitenden Birken ein wenig an den Nordschwarzwald erinnert. Auch hier wies der Wald mit seinen Lianen wiederum ein wenig Dschungelelemente auf. Der Weg führte mich nun am Südufer des Mindelsees entlang. Man kam zwar nur an wenigen Stellen direkt zum Wasser hin, ab und zu konnte man dort jedoch trotzdem ein Pärchen in seiner Einsamkeit aufschrecken.
Viel zu schnell war dann der (relativ) kühle Wald aber wieder zu Ende, danach führte mich ein Sträßchen nach Markelfingen. Nun war der Weg einfach: Immer schnurstracks geradeaus gehend erreichte ich am Ortsende die Bahnstation. Dahinter lag zwar der Bodensee, aber den durfte ich ja schon vor einigen Stunden in Radolfzell genießen, das reichte für diesen Tag.
Also erwartete ich die Bahn, die mich in Richtung Heimat befördern sollte. Der „Seehas“, die beliebte Zugverbindung am Bodenseeufer, ließ auch nicht lange auf sich warten.
Was bleibt noch zu sagen? Glück muss der Mensch haben: Schon seit dem Dürrenhof schickte ich ab und zu besorgte Blicke zum Himmel, wo sich Gewitterwolken bedrohlich auftürmten. Sie störten meinen Rückweg aber nicht sonderlich. Aber beim nächsten Umsteigen, kurz vor Eintreffen des Zuges, erwischte mich die von lautem Donnergrollen begleitete nasse Sturzflut doch noch.
Aber ich war unter dem schützenden Dach über dem Bahnsteig ja auf der sicheren Seite. Um es etwas poetischer zu sagen: Unter dem sicheren Dach von bwegt, so dass ich im Trockenen wieder zurückfahren und den peitschenden Regen hinter dem Fenster ansehen konnte.
Mehr Bilder von der Wanderung gibt es hier.
Weitere Informationen:
Die 16 Kilometer lange Tour bringt etwa 150 Höhenmeter mit sich. Für die Begehung sollte man mit rund 4 Stunden rechnen.
Empfehlenswerte Karten:
Wanderkarte Westlicher Bodensee (LGL); Wanderkarte mit Radwegen Blatt 51-529 Bodensee West NaturNavi.
Eine genaue Beschreibung der Wanderung sowie eine interessante Foto- und Filmdokumentation gibt es im Magazin von www.bwegt.de. Mehr Fotos finden Sie bei Instagram und hier.
Fotos: bwegt und Dieter Buck
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