Das Großarltal ist “Das Tal der Almen”. Und tatsächlich, es grünt so grün bis hoch hinauf auf die Berge. Almmatten oberhalb der Wälder, dass es nur so eine Lust ist, hier zu wandern. Dazu eine Alm nach der anderen. Viele alt, sonnenverbrannt, aus mächtigen Balken gefügt.
Viele davon laden zur Einkehr und viele davon machen Käse. In einer brennt sogar ganz rustikal ein Feuer im Herd. Man kann viel erleben wenn man hier unterwegs ist. Knapp an die 40 Hütten mit ihren selbst gemachten Köstlichkeiten, die auf rund 400 Kilometer markierten Wanderwege erkundet werden können, erwarteten uns. Da hatten wir uns für eine Woche viel vorgenommen …
Wir kamen an einem herrlichen Frühsommertag bei strahlendem Sonnenschein an. Des Nachts musste es jedoch donnern und blitzen und es schüttete. Auch der nächste Morgen wartete noch etwas nebelverhangen auf uns. Sei`s drum. Man kann immer was machen.
Das Großarltal darf sich seit einigen Jahren mit dem Österreichischen Wandergütesiegel schmücken. Da kann ja nichts mehr schiefgehen. Dazu gehört es mit seinem Teilort Hüttschlag zum Nationalpark Hohe Tauern. Zudem wurde Hüttschlag vom Alpenverein zu einem der wenigen Bergsteigerdörfer erkoren. Das ist fast wie ein Adelsschlag für ein Bergdorf.
Genusswandern von Alm zu Alm im Großarltal
Während unten im Tal noch Ruhe herrscht, haben die Sennleute oben auf den Almen bereits alle Hände voll zu tun. Aus der köstlichen Milch glücklicher Kühe bereiten sie frische Butter und herrlichen Käse. Dazu werden selbst geräucherter Speck, frisches Bauernbrot und traditionelle Hauswürste gereicht. Eine Besonderheit ist der für das Tal so typischen “Sauerkäse” – eine Art Graukäse, der nur hier im Tal gemacht wird. Natürlich darf auch das berühmte Stamperl vom “Selber brennt´n” nicht fehlen.
Tja, und nun – nun hieß es nicht grün, grün, grün, sondern grau, grau, grau sind alle meine Almen. Bzw. der Himmel. Aber, um es gleich zu sagen: Mir persönlich gefällt die Farbkombination des intensiven Grün zusammen mit dem Grau der Wolken ausgesprochen gut – nicht umsonst gibt es ja auch Trachten, in denen grauer Loden mit grünen Elementen gemischt sind. Also auf. In diesem Fall zur Bichl-Alm.
Regen ist nur was für g‘scheite Leut‘…
Das sagte einmal ein Dichter, der sich in dem seinerzeit auch bei Künstlern und Literaten beliebten Salzkammergut aufhielt, zum Wetter am Altausseer See. Das gilt aber gleichermaßen auch für das Tal der Almen.
Zumindest heute überwog bis zum Nachmittag der Regen und es grummelte vom Himmel. Trotzdem, die Bichlalm stand auf dem Programm. Also, man war ja “g’scheite Leut‘”: Wanderstiefel angezogen, Rucksack und Mann resp. Frau wasserfest gemacht und auf zur Bichlalm. Man fährt zu ihr durch das Ellmautal – mit seinen Heuhütten erinnert es etwas an Tirol bzw. an das Murgtal im Schwarzwald, dessen Heuhütten bekanntlich auch von Tiroler Einwanderern eingeführt wurden, zweigt vor dem Lammwirt rechts ab und hinauf geht’s zum Parkplatz. Eigentlich ist der schönere Weg der Waldweg über die “Himmelsleiter”, aber den wollte ich bei durchnässtem Boden nun doch nicht gehen. Also ließ ich mich auf dem festen Forstweg in rund zwei Stunden hinauftragen. Ist auch schön. Ruhe, das Plätschern des Wassers und schließlich die urige Almhütte. Hervorragende Produkte aus der eigenen Landwirtschaft erwarten den Wanderer. Oberhalb der Alm kann man noch ein Gedenkkreuz mit einer wunderbar geschnitzten Christusfigur bewundern. Und wer will, steigt in einer weiteren halben Stunde noch auf zum Remsteinkopf. Das ließ ich aber bleiben, hätte bei diesem wolken- und nebelverhangenem Wetter auch keinen großen Sinn gemacht.
Von Alm zu Alm zu Alm …
Sonne und gute Aussichten förderten den Mut zu einer Almwanderung auf der Höhe. Gut dass es im Großarltal jede Menge Parkmöglichkeiten auf halber Höhe gibt. Der restliche Anstieg ist immer noch kräftezehrend genug. Und so starteten wir zu unserer Almentour. Trotz halber Höhe ging es noch schweißtreibend genug hinauf bis zur Unterwandalm. Die immer prächtigeren Blicke zu den Felsmassiven des Schuhflickers und der Höllwand entschädigten dafür. Oben stand aber erst ein Abstecher zur urigen Maurachalm auf dem Programm. Schade, die alte Wirtin, die noch bei unserem letzten Besuch als uriges Urgestein hier werkelte, fehlt altersbedingt. Was es zu essen gab war aber immer noch vom Feinsten was eine Alm bieten kann. Danach führte uns die Wanderung auf einem Höhenweg und ohne allzu viel Steigungen über die Unterwandalm – die (natürlich selbstgemachte) Musik von ihr folgte uns noch lange – zur Karseggalm. Sie ist wohl die urigste aller Almen auf dieser Strecke, vermutlich im ganzen Tal. Vermutlich ist sie mit ihren 400 Jahren auch die älteste Alm in weitem Umkreis.
Kommt man in die Hütte, so wird man gleich überrascht. Der Boden im Inneren der Hütte ist mit Lehm und Baumrinde ausgelegt. Es kann schon sein, dass die “Wehstatt”, so heißt die “Küche” in einer alten Hütte, voll Rauch ist. Hier befindet sich nämlich eine offene Feuerstelle. Auf ihr wird eine Spezialität aus dem Großarltal hergestellt: der Knetkäse. Diesen bekommt man sonst auf keiner Hütte mehr, da man eben eine offene Feuerstelle braucht, um den Käse zu räuchern. Einmal in der Woche kann man der Sennerin oder dem Senner beim Herstellen des für das Großarltal so typischen Sauerkäses zuschauen. Neben der Feuerstelle lehnt eine Leiter. Klettert man dort hinauf, wird man gleich noch einmal überrascht: Es gibt keine Betten auf dieser Alm, hier wird noch im Heu geschlafen! Am Abend zünden die Sennleute Kerzen an und schön langsam dämmert einem, dass es hier keinen Strom gibt!
Den Abschluss der Almenrunde bildete die Breitenebenalm, deren Spezialität typische Mehlspeisen sind. Ein unvergleichliches Erlebnis ist es, wenn man auf einer dieser Almen übernachtet: Die Sonnenuntergänge sollen grandios sein.
Und noch einmal: Alm und Alm und Alm
Direkt vom Zentrum von Großarl aus gelangt man in das Ellmautal. Es zieht sich über ein paar Kilometer Richtung Talschluss; dort gibt es dann Wandermöglichkeiten, für die ein Urlaub nicht ausreicht. Allein die Zahl der Almen oberhalb sprengt fast die Vorstellungen. Alle warten mit heimischen Produkten aus eigener Herstellung auf – so viel kann man gar nicht essen. Wir wanderten auf einem romantischen Almsteig hinauf zur Filzmoosalm die auf einer Hochebene liegt. Die urige, aus von der Sonne schwarz verbrannten Holzbalken gebaute Hütte ist umgeben von zahlreichen Bergköpfen, die alle nur darauf warten, dass man sie besteigt. Der bekannteste ist wohl der Draugstein, hinter dem der idyllische Tappenkarsee liegt. Uns jedoch führte ein schmaler, teilweise seilversicherter Steig hinüber zur neu erbauten Loosbühelalm, wo man ein Team von ServusTV bei Filmaufnahmen beobachten konnte – vielleicht bekommt man mal mit, für welchen Film hier gearbeitet wurde? Der Steig führte weiter zur Weißalm, ebenfalls ein altes Holzgebäude, das aber durch verschiedene Dekorationselemente aus dem alten bäuerlichen Leben recht humoristisch gestaltet ist. Nicht humoristisch, sondern grandios war der Ausblick auf die Bergwelt: Von den nahen Hohen Tauern bis zum Großglockner reicht hier der Blick. Ebenso nicht humoristisch waren die schwarzen Wolken, die zum Aufbruch drängten. So blieb die vierte Alm dieser Runde, die Ellmaualm, an diesem Tag unbesucht. Wäre aber doch möglich gewesen, denn der Gewitterregen prasselte erst abends nieder.
Grandiose Wolkenbilder
Wolken im Gebirge sind etwas herrliches. Zumindest wenn sie weiter weg sind und für einen lebhaften Hintergrund auf den Fotos sorgen. Weniger wenn sie ihre feuchte Last direkt über einem verlieren. Nun, wir konnten beides genießen. Zuerst ließen wir uns von der Großarler Panoramabahn zur Bergstation gondeln. Dort konnte man sich gar nicht sattsehen von all dem was man rund um sich erblickte: Das Großarltal, die Hohen Tauern, die gesamte Bergwelt rund um das “Tal der Almen”. Über uns blauer Himmel und im Hintergrund schwarze Wolken. Zu den beiden “Gipfeln” in der Nähe, dem Kreuzkogel und dem Fulseck, war es nicht weit. Von dort sah man auch hinab ins Gasteiner Tal und an einer Stelle war sogar ein “Glocknerblick” ausgewiesen – klar, der höchste aller Österreicher reckt ja nicht weit von hier sein weißes Haupt gen Himmel. Aber heute war alles in Wattebäuschen versteckt.
Dann stand die Entscheidung an: zurück zur Bergstation oder hinab zur Mittelstation. Die Mittelstation gewann den kleinen, familieninternen Wettbewerb. Was uns zwar völlig durchnässt dort ankommen ließ – die Wolken waren doch schneller als gedacht – uns aber gleichzeitig einen Abstieg durch einen wunderbaren, recht urtümlichen Wald mit vielen Flechtenbärten an den Zweigen bescherte.
Schweinchen im Gänsemarsch im Großarltal
Der letzte Tag im Großarltal, und morgens grau, grau, grau. Aber es besserte sich, trotz eines regenverträglichen Ziels: Eine Wanderung zur Hub Grundalm. Ein uriger Almsteig brachte uns auf die Höhe und schließlich ein Güterweg in einen prächtigen Talschluss. Passend zur alten Almhütte tauchte auch die Sonne auf, vertrieb die sich noch ein wenig wehrenden Wolken und beleuchtete schließlich eine Almszenerie wie aus der Theaterkulisse: Vorne eine alte Almhütte, grüne Wiesen und Wälder, und im Hintergrund die ersten Berge des Nationalparks Hohe Tauern, bei denen man nicht wusste, waren sie noch in Salzburg oder schon in Kärnten. Passend zur fast theaterhaften Szenerie wackelte die hier beheimatete Schweinefamilie, soeben doch noch sanft grunzend dem Mittagsschlaf ergeben, im Gänsemarsch daher und absolvierte ihren Nachmittagsspaziergang.
Wir auch, wir stiegen ab, genossen noch ein bisschen den Talschluss mit dem Freilichtmuseum, und bereiteten uns mental auf die Heimreise vor.
Mehr Informationen:
Literatur:
Dieter Buck: Wanderungen und Bergtouren im Pongau. Plenk-Verlag.
Mark Zahel: Bergsteigerdörfer. Tyrolia-Verlag.
Empfohlene Wanderkarten:
Kompass 80 St. Johann Salzburger Land
Tappeiner Großarltal (erhältlich im Tourismusbüro)
[Transparenz: Diese Recherche wurde unterstützt durch den Tourismusverband Großarltal]
[…] Mehr über das Arltal habe ich in diesem Artikel geschrieben: dieterbuck.de/grossarltal-wandern-im-tal-der-almen […]